Technische Lernumgebungen öffnen

Aktuelle Entwicklungen in den Bereichen KI und Robotik bringen auch die Herausforderung mit, Inhalte und didaktische Settings in der Lehre zu aktualisieren. Am ITBH hat sich in vergangenen Jahr eine sehr positive Entwicklung ergeben, die durch die Bachelorarbeit des Studenten Benjamin Blessing angeschoben wurde.

Aktuelle Herausforderungen in Arbeit und Beruf

Die Entwicklungen der letzten Jahre in den Bereichen KI, Robotik und Automatisierungstechnik eröffnen neue Möglichkeiten für die Lehre. KI-Systeme zur Qualitätssicherung in der Produktion sind bspw. ein erschöpfliches Thema, an dem Studierende viel über den Entwicklungszyklus von KI-Modellen und -Anwendungen lernen können. Es verbindet informatische Konzepte der Datensammlung und -analyse mit dem Training von Modellen sowie der Anwendungsentwicklung und schlägt eine Brücke zu Hardware, die in Form von Sensoren, Aktoren sowie komplexeren Maschinen in der Fertigung zum Einsatz kommen.

Eine bewährte Lernumgebung öffnen

Am Institut für Technische Bildung und Hochschuldidaktik (ITBH) der TUHH gibt es in Form einer Materialsortieranlage (Abb. 1) seit vielen Jahren eine bewährte technische Lernumgebung für die Automatisierungstechnik. Sie ist dafür ausgelegt, im Rahmen der Speicherprogramierbaren Steuerung (SPS) programiert zu werden und damit sinnvoll für alle Studierenden der Elektrotechnik-Informationstechnik in den gewerblich-technischen Studiengängen.

Abb. 1: Die Materialsortieranlage erkennt mit drei Sensoren unterschiedliche Materialbeschaffenheiten und stößt Objekte entsprechend vom Laufband. Foto: Axel Dürkop

Um das Potenzial der komplexen und lernhaltigen technischen Lernumgebung auch für Studierende der Medien- und Metalltechnik zu heben, die mit SPS nicht in Berührung kommen und es später auch nicht nutzen, eröffnet seit Anfang 2025 ein neuer Zugang viele Möglichkeiten, an diesem Modell zu lernen.

Bachelorarbeit mit neuen Konzepten für die Lehre

Der Student Benjamin Blessing hat in einer Bacherlorarbeit mit dem Titel “Erweiterung von technisch-didaktischen Zugängen zu technischen Lernumgebungen in der Automatisierungstechnik unter Verwendung eines Raspberry Pi und Python am Beispiel einer Materialsortieranlage” diesen neuen Zugang entwickelt.

Durch eine geschickte Ergänzung der Anlage mit Hardware und Software kann diese für den Betrieb mit einem Raspberry Pi genutzt werden, womit sich die ganze “Python-Welt” öffnet (Abb. 2 und 3). Benjamin Blessing hat nebem dem Hardware-Umbau auch verschiedene Softwareprogramme in Python geschrieben und veröffentlicht, die die Arbeit mit der Materialsortieranlage unter Python einfach macht.

Abb. 2: Die umgebaute Materialsortieranlage in der Draufsicht. Links die neue Steuereinheit mit dem Raspberry Pi. Oben eine Umsteckmöglichkeit auf den Betrieb mit Raspberry oder SPS. Foto: Axel Dürkop

Abb. 3: Die neu entwickelte Steuereinheit im Detail. Links das Netzteil mit 24 V für die Materialsortieranlage (MSA), daneben in schwarz das Netzteil für die 5 V Logik des Raspberry Pi, der im grauen Gehäuse auf einer Hutschiene montiert ist. Im rechten Teil des Bildes die Platinen für die Ansteuerung der MSA. Foto: Axel Dürkop

Gemeinsame Erprobung im Seminar

Axel Dürkop, Dozent der Veranstaltung “Einführung in die Informationstechnik”, dessen Idee die Öffnung der Lernumgebung für Raspberry Pi und Python war, hat im Sommersemester 2025 erste positive Erfahrungen mit der umgebauten Anlage in der Lehre gesammelt: Eine Gruppe von Elektrotechnik-Studierenden setzte ihre Idee, mit der Anlage Nudeln zu sortieren, eigenverantwortlich um. Die Studierenden trainierten ein eigenes Modell zur Klassifizierung von Nudelsorten und programmierten Python-Skripte, die je nach erkannter Nudelsorte die Schnittstelle einer bekannten Musikstreamingplattform ansprachen und dort die passenden Songs abspielten

Einführungsvortrag zur Inspiration

Um die Studierenden für die neuen Möglichkeiten zur Nutzung der Materialsortieranlage zu begeistern, hielt Benjamin Blessing zu Beginn des Sommersemesters einen Vortrag. Darin stellte er seine Abschlussarbeit vor und zeigte einfache Anwendungsbeispiele mit der Materialsortieranlage. Das Publikum des Vortrags war eine große Gruppe von Studierenden verschiedener Jahrgänge auch aus dem Bereich Arbeitslehre/Technik sowie Kolleginnen und Kollegen des ITBH.

Fazit

Die Vorbereitung der Materialsortieranlage für die Lehre durch den angehenden Berufsschullehrer Benjamin Blessing im Rahmen seiner sehr guten Bacherlorarbeit hat sich auch im Praxiseinsatz als sehr gut und geeignet erwiesen. Durch die Öffnung der technischen Lernumgebung für einen weiteren Zugang aus der Welt der freien Software und Hardware bekommen auch Studierende anderer Fachrichtungen die Möglichkeit, aktuelle Konzepte von KI und Automatisierung handlungsorientiert zu lernen und für kreative Ideen einzusetzen.